Erfolgreich im Web verkaufen – SO nutzen Sie die Online-Vertriebswege am besten!
von Tim-Philipp Glomb & Jonas Vennemann
Noch nie waren die Möglichkeiten zum Verkauf der eigenen Produkte so umfangreich wie heute. Die Digitalisierung hat durch die weltweite Pandemie einen weiteren Schub bekommen, der gerade kleine und mittelständische Unternehmen vor zusätzliche Herausforderungen stellt. Ein wichtiger Teil der Digitalisierung ist die Schaffung neuer Vertriebswege durch Webshops. In diesem Blogbeitrag geben wir Ihnen eine Handlungsempfehlung, ob sich die Nutzung des Amazon Marketplace und Business als weiterer Vertriebsweg lohnen kann oder ob ein eigener Webshop zu empfehlen ist.
Im Amazon Marketplace können Sie an private als auch an gewerbliche Kunden verkaufen. Amazon Business ist ein Handelsplatz für gewerbliche Kunden. Der Verkauf erfolgt von und an Amazon Business Kunden. Dadurch können Sie ihre Produkte auf gewerbliche Kunden zuschneiden und Mengenrabatte einstellen. Geschäftskunden profitieren hier von der Zahlungsmethode durch „Kauf auf Rechnung“ – eine der wichtigsten Bezahlmöglichkeiten im B2B-Bereich. Zugelassene Händler für Amazon Business erhalten eine „Amazon Business“-Badget und profitieren durch eine höhere Sichtbarkeit [1]. Beide Amazon Webshops sind ein Marktplatz, auf denen Sie Ihre Produkte neben anderen Händlern bzw. Herstellern anbieten können. Die Kunden nutzen den optimierten Marktplatz und suchen nach Produkten und nicht explizit nach Herstellern.
Ein eigener Webshop ist Ihr eigener Marktplatz mit Raum für Gestaltungsfreiheit. Im eigenen Shop kann frei verfügt werden, welche Produkte Sie anbieten und wie diese präsentiert werden sollen.
Vorteile | Nachteile | |
---|---|---|
Amazon | - Sofortiger Verkaufsstart - Hoher Automatisierungsgrad und komfortabler Service (Logistik und Fulfillment) - Kundenbasis und Traffic - Halo-Effekt von Amazon auf KMU [2] - Reichweite |
- Direkter Preiskampf mit Konkurrenz und Amazon (Amazon Basics) - Prozentuale Gebühren pro verkauftes Produkt - Kundenstamm gehört Amazon und nicht KMU - Geringe Marketingmöglichkeiten - Abhängigkeit von Amazon PR |
Webshop | - Hohe Gestaltungsfreiheit und bessere Möglichkeiten der Emotionalisierung - Kundenbindung - Markenbildung - Nachhaltige Lead-Generierung - Tracking und Nachverfolgung |
- Traffic muss mit Werbemaßnahmen erarbeitet werden - Website- sowie Instandhaltungskosten (Dauerhafte SEO-Anpassung) - Logistik und Fulfillment muss selbst gesteuert werden |
Die Rekordabsätze und Umsatzzahlen des Internetriesen Amazon zeigen, dass der Onlinehandel zu einem der wichtigsten Absatzgeschäfte der Zukunft wird [3].
Bei Amazon können Unternehmen sich innerhalb kürzester Zeit registrieren und ihre Produkte Online anbieten. Den Versand der Produkte können Unternehmen selbst übernehmen oder sie lassen die gesamte Logistik sowie Fulfillment von Amazon abwickeln. Die Unternehmen profitieren von der enormen Reichweite und dem riesigen Kundenstamm des Webriesen. Das Vertrauen, welches Nutzer Amazon entgegenbringen, färbt auf die durch KMU platzierten Produkte ab und schafft damit von Beginn an eine große Glaubwürdigkeit. Unternehmen die Produkte bei Amazon Marketplace vertreiben, profitieren außerdem von Amazons Erfahrung im Markt. Weitere Argumente für den Marktplatz sind die Automatisierung und Steuerung des Vertriebs, sowie die bereits von Amazon gesammelten und ins System eingespeisten Kundendaten.
Die Vorteile, die Amazon bietet, sind vielseitig. Bei Betrachtung der Marktdaten wird klar, dass der Erfolg im Bereich KMU dem Internetriesen Recht gibt. Durch den enormen Marktanteil am Online-Geschäft, hat Amazon auch in der Corona Krise gezeigt, dass es für Unternehmen der einfachste Shop ist, um sofort Online aktiv werden zu können. Die enorme Steigerung spricht allerdings nicht zwangsläufig für einen langfristigen Trend, da Website-Baukasten-Anbieter immer populärer werden.
Neben den bereits genannten Vorteilen gibt es allerdings auch einige Nachteile, die Händler beim Verkauf auf Marketplace haben. Amazon hindert Sie aktiv daran ihre Marke zu entwickeln und zu bewerben. Es ist nicht gestattet Werbemittel zu nutzen, die den Traffic der Amazon Händler Seite auf die eigene Website umleitet [6]. Eine eigene Abstimmung des Marketings innerhalb des Marketplace ist nur begrenzt möglich, da es nur eine Unterseite zur Präsentation des eigenen Unternehmens gibt. Zusätzlich herrscht ein enormer Preiskampf innerhalb des Marktplatzes. Die eigenen Produkte stehen hier direkt neben den Produkten der Konkurrenz. Dadurch lässt sich für den Kunden sehr übersichtlich die Kundenbewertung, der Preis und die Ausstattung bzw. die Vorteile vergleichen. Durch die zusätzliche Verkaufsgebühr pro Produkt (im Durchschnitt 10-15 % [7]), wird die Gewinnschöpfung erschwert. Während beispielsweise auf Amazon-Zubehör-Artikel eine Abgabe in Höhe von 45 % anfällt, sind es bei Produkten aus dem Bereich Lehrmittel 15 % und bei Computer-Produkten 7 %.
Erfolgsstrategien von KMU im E-Commerce
In der Praxis ist der Weg zum Erfolg für jedes Unternehmen unterschiedlich. Egal ob einzig Amazon Marketplace, Webshop oder eine hybride Lösung – es gibt Beispiele für erfolgreiche Unternehmen mit jeder Strategie.
Ein Unternehmen, welches nur über Marketplace verkauft, ist die Mercatura Warenhandel GmbH aus Moers. Das Unternehmen vertreibt seit 2014 erfolgreich unter den Markennamen Dailydream und LOMOS verschiedenste Produkte auf Amazon Marketplace. Die Produkte sind eher in einem günstigeren Segment angeordnet und rein an private Endverbraucher gerichtet. Geschäftsführer Tobias Jaroschek ist als 1-Mann Unternehmen und nur mit Marketplace gestartet:
„Wir haben unsere Artikel vom ersten Tag an in ganz Europa verkauft. […] Aus unserer Sicht ist der Export über Amazon die beste Möglichkeit für kleine Unternehmen weltweit viele Menschen zu erreichen.“ [8]
Mit einer anderen Strategie agiert ein Unternehmen aus dem Herzen Baden-Württembergs. Die Interstuhl GmbH & Co. KG vertreibt Büromöbel im Premiumsegment auf verschiedenen Kanälen. Auf Amazon Marketplace werden fast alle Produkte, die es auch im eigenen Webshop gibt, angeboten. Der Preis bei den günstigeren Modellen wie dem Sitzhocker UP ist bei Amazon etwas höher angesetzt. Bei den teureren Modellen sind die Preise weitestgehend deckungsgleich. Unterschiede zum Webshop sind die Preise, die Auswahl an Farbvarianten sowie die Service- und Kontaktmöglichkeiten. Die Produkte richten sich an private und an gewerbliche Endverbraucher.
Im Gegensatz zum Mercaturo Warenhandel arbeitet Interstuhl sukzessive an seinem Markenbild und hat deutlich mehr Marketingaktivitäten. Amazon ist als POS nicht der Hauptfokus, sondern eher ein zusätzlicher Kanal, auf dem die Produkte von Kunden bewertet werden können und im direkten Vergleich zur Konkurrenz stehen. Da es sich um das Premiumsegment handelt, wird dieser Vergleich für Interstuhl zum Vorteil.
Ein Grund für die unterschiedliche Ansprachen auf dem jeweiligen Kanal liegt in der Bearbeitung der verschiedenen Zielgruppen. Die Reichweite von Amazon wird vor allem für private Kunden genutzt, während der Webshop darauf ausgelegt ist, zusätzlich Anfragen von Unternehmen anzunehmen, die ganze Geschäftsräume ausstatten möchten.
Bei Unternehmen, die nur mit einem eigenen Webshop arbeiten, sind die erwähnten Vorteile von Interstuhl noch relevanter. Hier fallen höhere Marketingkosten an, da die Reichweite von Amazon nicht genutzt wird. Im Gegenzug werden hohe Gebühren beim Verkauf eingespart. Hier eine Ableitung über den Erfolg und die Absichten zu treffen, ist von außen sehr schwierig. Dennoch wirkt die auf die Zielgruppen abgestimmte Multi-Channel-Strategie sehr ausgewogen, sodass die Potenziale der jeweiligen Shops bestmöglich ausgenutzt werden.
Die richtige Channel Wahl hängt von Ihrem Produkt ab
Die angeführten Beispiele zeigen, dass der richtige Weg zum E-Commerce von der Productrange, dem Markt und den Zielen eines Unternehmens abhängt. Amazon Marketplace ist durch die enorme Größe, die schnelle und simple Bedienung sowie den niedrigen Werbekosten eine hochattraktive Option; allerdings lockt der eigene Webshop mit individuellen Gestaltungsmöglichkeiten, keinen Verkaufsgebühren und einer starken Kundenbindung. Daraus lässt sich keine einheitliche Lösung formulieren, jedoch einige Ableitungen und Empfehlungen treffen.
Ein wichtiger Faktor für den richtigen Vertriebsweg liegt in der langfristigen Unternehmensstrategie. Wenn es sich um Massenware oder generische Produkte handelt, ist Amazon Marketplace die richtige Wahl.
Beim Beispiel von Interstuhl zeigt sich allerdings eindeutig, dass ein Multi-Channel-Vertrieb auch zum Erfolg führen kann. Insbesondere wenn es sich zu einer starken Marke etablieren soll, die verschiedene Zielgruppen bedient.
Das Mehr an Abgaben, was bei einem Verkauf via Amazon anfällt, wiegt sich zum Teil mit den höheren Pflege- und Instandhaltungskosten der Website sowie den Marketingkosten auf. Langfristig profitieren Unternehmen von Stammkunden und einem hohen Wiedererkennungswert. Dieser kann durch gezieltes Marketing erzielt werden und ist somit eine nachhaltige Lösung.
Wenn Sie vor der Entscheidung stehen, ob Sie einen eigenen Webshop eröffnen oder einen Marketplace nutzen sollten, müssen Sie also immer berücksichtigen was für Zielgruppen Sie haben, wie Ihre langfristige Unternehmensstrategie ausgerichtet ist und was für eine Art von Produkt Sie anbieten wollen. Wenn Sie noch keine Logistik Lösung haben, aber möglichst schnell mit Ihrem Produkt am Markt teilnehmen wollen, sollten Sie das auch mit in Ihre Überlegungen einfließen lassen. Der schnelle Start und komfortable Vertrieb durch Amazon steht heutzutage aber auch den Website-Baukasten Anbietern wie Jimdo und Moodja gegenüber. Hier können auch kleine Unternehmen, die noch kein riesiges Know-How im E-Commerce haben, schnell Webshops erstellen und erfolgreich verkaufen.
3-key-takeaways:
- Die Best Practice sieht für jedes Unternehmen anders aus
- Entscheidung muss zur langfristigen Unternehmensstrategie passen
- Man muss sich nicht auf einen digitalen Verkaufskanal festlegen
Von Tim-Philipp Glomb & Jonas Vennemann
QUELLEVERZEICHNIS
[1] Amazon Services (2020): Ihre Vorteile als Amazon Business Verkäufer. services.amazon.de/programme/b2b-verkaufen/merkmale-und-vorteile.html, abgerufen am 17.10.2020
[2] Hehn, Patrick; Scharf, Bernd; Schubert, Bernd (2015) Marketing – Einführung in die Theorie und Praxis; Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart, 6. Auflage. S. 106.
[3] Flemming, Corinna (2019): Amazon nimmt ein Drittel des deutschen Online-Marktes ein. www.onlinehaendler-news.de/online-handel/marktplaetze/131877-amazon-ein-drittel-deutschen-online-marktes, abgerufen am 17.10.2020
[4] Molthan, Yara (2019): Überblick zu Entwicklungen im Online-Handel und aktuelle Zahlen zu Amazon in Deutschland. etribes.de/de/presse/ecommerce-report-2019, abgerufen am 17.10.2020
[5] dpa/axk (2020): Amazon: Umsatzanteil der Händler in Corona-Krise gestiegen. www.heise.de/news/Amazon-Umsatzanteil-der-Haendler-in-Corona-Krise-gestiegen-4855954.html, abgerufen am 17.10.2020
[6] Amazon Sellercentral (2020): Verbotene Handlungen und Verkaufsaktivitäten. sellercentral.amazon.de/gp/help/external/G200386250?language=de_DE&ref=efph_G200386250_cont_521, abgerufen am 17.10.2020
[7] Amazon Sellercentral (2020): Gebührenübersicht für Verkaufen bei Amazon. sellercentral.amazon.de/gp/help/external/help.html?itemID=GYND54PM5WB84UM&language=de_DE&ref=efph_GYND54PM5WB84UM_cont_200336920, abgerufen am 17.10.2020
[8] Amazon Presse (2020): Deutsche KMU sind Export-Champions: Umsätze aus internationalen Verkäufen über Amazon 2018 um fast 20 Prozent gestiegen. https://amazon-presse.de/Top-Navi/RSS/Pressedetail/amazon/de/Erfolgreich-mit-Amazon/030519_Amazon-Pressemitteilung-zu-den-Exportums%C3%A4tzen-der-KMU-aus-Deutschland/, abgerufen am 17.10.2020